EuGH: § 5a VVG a.F. – wonach das Widerspruchs-/Rücktrittsrecht 1 Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt – ist europarechtswidrig.
Für viele Versicherungsnehmer besteht nunmehr die Möglichkeit bereits geleistete Prämien zurückzufordern
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte nach Vorlage des Bundesgerichtshofs über die Frage zu entscheiden, ob die europäischen Richtlinien zur Lebensversicherung der nationalen Regelung des am 01.01.2008 außer Kraft getretenen § 5a VVG entgegenstanden, nach der ein Widerspruchs-/Rücktrittsrecht spätestens 1 Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie erlischt, selbst dann wenn der Versicherungsnehmer nicht über sein Recht zum Widerspruch/Rücktritt belehrt wurde.
Der EuGH entschied in seinem Urteil vom 19.12.2013 (C-209/12), dass eine solche Bestimmung, wonach das Recht des Versicherungsnehmers, von dem Vertrag zurückzutreten, zu einem Zeitpunkt erlösche, zu dem er über dieses Recht nicht belehrt gewesen sei, der Verwirklichung eines grundlegenden Ziels der Zweiten und Dritten Richtlinie Lebensversicherung und damit der praktischen Wirksamkeit zuwider laufe. Die Zweite Richtlinie sehe vor, dass dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit einzuräumen ist, innerhalb von 14 bis 30 Tagen von dem Lebensversicherungsvertrag zurückzutreten. Mit der Dritten Richtlinie Lebensversicherung sollte – so der EuGH – sichergestellt werden, dass der Versicherungsnehmer insbesondere über sein Rücktrittsrecht genau belehrt werde. Ihr wesentliches Ziel habe darin bestanden, es dem Versicherungsnehmer zu ermöglichen, von seinem Lebensversicherungsvertrag zurückzutreten, wenn er – in Kenntnis aller Umstände – der Ansicht sei, dass der Vertrag seinen Bedürfnissen nicht am besten entspreche.
Was bedeutet das?
Sofern Sie einen Lebensversicherungsvertrag vor dem 01.01.2008 geschlossen haben, besteht nunmehr die Möglichkeit - sofern Sie über Ihr Widerspruchs-/Rücktrittsrecht nicht (ordnungsgemäß) belehrt wurden - von diesem zurückzutreten und können die bereits erbrachten Prämien zurück verlangen. Lassen Sie sich jetzt über die Erfolgsaussichten eines Rücktritts/einer Rückforderung anwaltlich beraten!
Für Lebensversicherungsverträge, welche ab dem 01.01.2008 geschlossen wurden, hat die o.g. Entscheidung des EuGH keine Auswirkung, da der deutsche Gesetzgeber die Problematik zwischenzeitlich erkannt hatte und durch die Reformierung des VVG (Versicherungsvertragsgesetzes) die streitige Vorschrift am 01.01.2008 außer Kraft treten ließ.